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Deine Mutter

Die erste stürmische Nacht in Kroatien haben wir überstanden. Ich schlafe eher schlecht als recht. So geht es mir aber seit Beginn der Reise. Was Schlafen angeht, bin ich sehr eigen und ich muss mich in der neuen Situation erst zurechtfinden. In Kroatien ist Wildcampen verboten, also fühle ich mich auch deswegen während der Nacht nur mässig sicher. Ich habe keine Lust von der Polizei aus dem Schlaf gerissen und weggeschickt zu werden. Dominic ist da – wie immer – entspannt und angstfrei.


Unsere nächste Etappe führt uns der Küste entlang nach Zadar. Soll schön sein da. Eine Altstadt auf einer kleinen Insel oder so ähnlich. Doch bis dahin geniessen wir die Fahrt mit Blick auf’s Meer, entlang der felsigen und eher rauen Landschaft mit südländischem Flair. Wir durchfahren Dörfer, die teilweise gar nicht wie Dörfer, sondern eher wie Weiler aussehen. Uns fällt auf, dass man hier äusserst gerne Spanferkel isst, denn überall sehen wir Werbetafeln von Restaurants dafür.

Noch immer begleitet uns ein heftiger Wind (Bora) und dunkle Wolken. Ferris wird auf geraden Strecken zum Schüttelbecher und es kostet uns alle Konzentration und Kraft, ihn auf unserer Fahrspur zu halten. Ich komme ganz schön ins Schwitzen. Trotzdem haben wir grossen Spass an der Fahrt.




Wir kommen nicht so schnell voran wie erwartet und mögen an diesem Tag nicht mehr bis Zadar fahren. Über eine Camper App (Park4Night) suchen wir einen Übernachtungsplatz und werden fündig. Unser Navi schickt uns weg von der Hauptstrasse einen Hang hoch, auf eine kleine enge und holprige Strasse. Einzelne Häuschen, Hühner, Schafe und ein paar wenige Menschen, die uns vom Wegrand aus skeptisch betrachten. Wahrscheinlich fragen sie sich, wo wir hin wollen. Das fragen wir uns langsam auch, denn der Weg wird immer schmaler und mühsamer zu fahren.

Als wir den kleinen Strand, welchen wir uns ausgesucht haben, ansteuern, sehen wir vor uns eine Linie am Boden und ein Piktogramm – Campen verboten! Mir wird nun klar, warum wir grimmige Blicke kassiert haben. Hier will ich nicht bleiben. Dominic meint ich soll mich nicht so anstellen. Ist ja keiner da. Weder andere Camper noch Einheimische. Das Wetter ist zu schlecht um am Strand zu sitzen, also stören wir keinen. Er hat ja grundsätzlich recht, aber mir ist es äusserst unangenehm an einem Ort zu stehen, an welchem Campen ausdrücklich verboten ist. Ich bin eben ein kleiner Schisser. Wir entscheiden uns nur kurz zu parkieren um etwas zu essen und ich verspreche Dominic mich um einen neuen Schlafplatz zu kümmern. Er hofft natürlich insgeheim, dass ich nachgebe und wir die Nacht trotzdem hier verbringen.


Pustekuchen, mein Bauchgefühl sagt eindeutig «nein». Also fahren wir weiter, Dominic leicht genervt von meiner Ängstlichkeit. Wir steuern einen angeblich abgelegenen Parkplatz am Strand von Zadar an. Es ist bereits dunkel. Wir fahren über Geröll und durch Pfützen und landen in einer Sackgasse. Zwei Einheimische geben uns zu verstehen, dass hier mit dem Auto kein Durchkommen sei. Wie man aber dort hinkommt, können sie uns nicht sagen, denn sie verstehen uns nicht.

Wir kehren also um und schauen uns die Karte auf dem Handy nochmals genauer an. Der Weg könnte eine Strasse weiter sein. Letzter Versuch, dann stellen wir das Büsli einfach irgendwo hin. Wir sind müde und langsam auch genervt von meiner Nacht und Nebelaktion. Erneut landen wir in einer Sackgasse. Auf dem engen Schotterweg finden wir aber eine Lücke im Gestrüpp und beschliessen dort zu parkieren und zu schlafen.

Das erste Mal seit wir in Rheinfelden losgefahren sind, werden wir am nächsten Morgen von Sonnenstrahlen geweckt! Gutwetterfront in Aussicht. Endlich!





Die am Morgen vorbeikommenden Jogger und Spaziergänger staunen nicht schlecht, als sie unser Büsli in den Büschen entdecken, aber sie lassen uns in Ruhe oder ignorieren uns gekonnt. Zum Glück.


Um Zadar zu besuchen und mal wieder eine warme Dusche zu geniessen, steuern wir einen kleinen Campinplatz etwas ausserhalb von Zadar an. Ich brauche eine Pause vom Wildcampen – für die ersten Tage reichts erst Mal. Bin ja schliesslich noch in der Eingewöhnungsphase. Dominic zeigt mal wieder eine gehörige Portion Geduld und Verständnis – ich bin ihm sehr dankbar dafür. Was für ein Glück ich doch mit ihm habe.


Nach einem Sprung ins Meer (zwar kühl, aber super erfrischend!) einer Dusche und dem Erledigen unserer Wäsche, besuchen wir Zadar mit dem Velo.


Die kleine Altstadt lädt zum Flanieren ein. Aber der erneut aufsteigende Wind macht den Ausflug ziemlich ungemütlich. Auf der Rückfahrt zum Campingplatz verfahren wir uns und landen am Hafen im Industriegebiet. Eine Schranke versperrt uns den Weg. Dominic ruft mir zu: «Los! Kopf izieh und undedure fahre! Do hinde goht’s sicher irgendwo zrug ufe Wäg.»


Was für uns ein Spass ist, findet der Wächter des Areals alles andere als lustig. Er springt aus seinem Kabäuschen und schimpft lauthals! Wir bremsen ab und entschuldigen uns auf Englisch. Wir hätten uns verfahren. Ihn interessiert das herzlich wenig.


«Jebo ti pas mater!»


Was soviel heisst wie «der Hund soll deine Mutter f…». Oha! Der Wächter gibt uns deutlich zu verstehen, dass wir verschwinden sollen. Nach dem richtigen Weg zum Campingplatz brauchen wir also gar nicht erst zu fragen.

Wir finden den richtigen Weg auch so und freuen uns, als wir unseren Campingplatz erreichen, wo die nette junge Empfangsdame uns begrüsst. Es ist schön wieder hier zu sein.


Am Abend machen wir eine Flasche Wein auf. Es ist ein lustiger Abend. Wir hören Musik, quatschen und lachen was das Zeug hält über unser heutiges Erlebnis. Als Absacker nehmen wir noch einen Grappa und tschüss – wir schlafen tief und fest bis zum nächsten Morgen.

Am Sonntag verbringen wir ein paar Stunden getrennt voneinander. Dominic schnappt sich sein Angelequipment und setzt sich ans Wasser und ich mache einen Spaziergang am Meeresufer entlang ins nächste Dorf. Meinen Gelüsten nach Süssem folgend suche ich dort eine «Pekara» (Bäckerei) auf. Selbstverständlich habe ich mir bereits angeeignet auf Kroatisch zu bestellen. Die Bäckerin lächelt und scheint sich darüber zu freuen.



Auf dem Rückweg zum Campingplatz werde ich von einem jungen Mann angesprochen. Ich bin mir nicht sicher, ob er mich versucht einzuladen mit ihm etwas trinken zu gehen oder ob er mich nach dem nächsten Café fragt. Ich antworte mit: «Ne govorim hrvatski.» (Ich spreche kein Kroatisch.)


Er grinst und fährt weiter.


Wir machen uns am nächsten Tag auf zu neuen Abenteuern und planen die nächsten zwei grossen Städte anzusteuern. Split und Dubrovnik. Dass wir dazwischen kurz die Grenze zu Bosnien Herzegowina überqueren müssen, ist uns, seit wir die Karte studiert haben, bewusst. Aber warum wir an der Grenze fast um 500 Euro ärmer geworden wären, erfährst du, wenn du dich für unseren Newsletter anmeldest.

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